Arbeiten mit „Frollegen“

Mit Kollegen und Kolleginnen verbringt man viel Zeit. Kein Wunder, dass auch im Job Freundschaften entstehen können – manche Arbeitgeber fördern das sogar. Das hat Vorteile, aber auch Risiken.

Ein guter Freund wird durch einen Jobwechsel zum Kollegen oder mit der Kollegin entwickelt sich auch im Privaten eine Freundschaft: Das Kunstwort „Frollege“ als Zusammensetzung aus Freund und Kollege bringt genau diese Mischung auf den Punkt.

Arbeiten mit Freunden und Freundinnen – manche Unternehmen wünschen das und werben damit. Nicht ohne Grund: Die Vorteile von Job-Freundschaften überwögen die Nachteile, sagt Ulrike Fasbender. Sie ist Professorin für Wirtschafts- und Organisationspsychologie an der Universität Hohenheim in Stuttgart und forscht zu diesen Themen.

Positive Effekte für Arbeitgeber sind demnach eine höhere Kreativität und Arbeitsleistung, ein besserer Team-Zusammenhalt und weniger Arbeitsunfälle und Kündigungen. Das haben laut Fasbender Befragungen ergeben.

Freundschaft am Arbeitsplatz macht zufriedener

Doch auch für Arbeitnehmende zahlen sich freundschaftliche Verhältnisse auf der Arbeit aus. „Wir sind zufriedener und haben mehr Freude an der Arbeit“, sagt die Professorin. „Wir fühlen uns wohler, denn es tut uns einfach gut, Menschen um uns zu haben, die wir gern haben. Gleichzeitig erleben wir weniger negative Gefühle wie schlechte Stimmung, Angst oder Unwohlsein.“ Je intensiver die Freundschaft am Arbeitsplatz wahrgenommen werde, desto höher sei die Zufriedenheit.

Wir neigten grundsätzlich dazu, uns mit Menschen anzufreunden, die den gleichen Job machten, sagt der Psychotherapeut und Buchautor Wolfgang Krüger. „Das gilt umso mehr, wenn man eine Arbeit mit Herzblut macht, wenn man also das Gefühl hat, da ist man mit seiner ganzen Persönlichkeit untergebracht.“

Die Kehrseite der Job-Freundschaft

Kein Licht allerdings ohne Schatten: Freundschaften am Arbeitsplatz können auch negative Aspekte haben. In einer Studie spricht Ulrike Fasbender von einem Selbstregulationsfehler: Gegenüber Kollegen, die keine engen Freunde sind, verhält man sich womöglich unfreundlich oder grenzt sie sogar aus, auch wenn das in der Regel unbewusst geschieht.

Grund dafür ist ein Rollenkonflikt: Die Freundschaft mit ihren Verpflichtungen auf der einen Seite, die Anforderungen des Berufs auf der anderen. Beispiel: Die Deadline für ein Projekt rückt näher, es ist wenig Zeit. Gleichzeitig kommt der Freund, die Freundin mit einem Anliegen und will, dass man ihm oder ihr Aufmerksamkeit schenkt.

„So ein Rollenkonflikt ist ein Stressor und kostet Energie“, sagt die Wirtschaftspsychologin. Die Energie ist irgendwann erschöpft und fehlt, um sich gegenüber anderen Kollegen fair zu verhalten. Es könne zu einem Versagen der Selbstregulierung kommen und man gibt jemandem vielleicht eine pampige Antwort, so Fasbender.

Dem Team gegenüber offen bleiben

Wenn sich solche Situationen häufen, sollte man sich Handlungsprinzipien überlegen, rät Fasbender. „Man kann zu Freund oder Freundin sagen: Ich bin gerade sehr beschäftigt, können wir das verschieben?“ Damit der- oder diejenige nicht gekränkt ist, lohnt es sich auch, vorher grundsätzlich über die Problematik zu reden.

Wer einzelne enge Freundschaften im Job hat, kann auf der Arbeit auch ganz bewusst andere mit einbeziehen, um niemanden auszugrenzen. „Es darf keine Verklumpung stattfinden“, sagt Wolfgang Krüger. „Ich sollte darauf achten, dass ich für alle Kolleginnen und Kollegen offen bleibe.“

Nähe und Abstand steuern

Generell gilt bei Job-Freundschaften: Häufen sich Konflikte, muss es ans Feintuning gehen. „Man kann etwa die Intensität reduzieren“, sagt Ulrike Fasbender. „Enge Freundschaften lösen eher Konflikte aus, lockere Freundschaften nicht.“

Alle Beziehungen brauchen Nähe und Abstand, weiß Psychotherapeut Krüger. „Da muss man als erwachsener Mensch steuern können, erst recht, wenn es schwierig wird.“

Nicht zu vergessen außerdem: Jeder Mensch ist anders. Manche wollen Freundschaften innerhalb des Kollegenkreises, andere eine klare Trennung von Beruf und Privatem. „Es muss zur Person passen“, sagt Fasbender. „Da muss man ihn sich hineinhören und fragen: Was tut mir gut?“ Denn keine engen Job-Freundschaften zu haben, heißt ja nicht, dass man auf der Arbeit nicht trotzdem freundlich miteinander umgeht.

Christina Bachmann/ dpa

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