Obstkorb und Yoga: Anreize sollten zum Unternehmen passen

Ein Fitnessraum für Mitarbeiter, After-Work-Veranstaltungen oder gratis Getränke: Viele Firmen versuchen, Beschäftigte mit solchen oder ähnlichen Angeboten an sich zu binden. Kann das klappen?

Ihren Beschäftigten ein attraktives Arbeitsumfeld schaffen: Vielen Arbeitgebern ist das in Zeiten des Fachkräftemangels wichtiger denn je. Eine Option: Zusatzangebote für Beschäftigte wie etwa betriebliche Kinderbetreuung, Yoga-Kurse oder den klassischen Obstkorb schaffen. Manchmal weiß man allerdings nicht unbedingt sofort, was hinter Besonderheiten und Benefits steckt, die in Stellenanzeigen angepriesen werden. Oder haben Sie schon einmal von Brown-Bag-Sessions oder Silent Rooms gehört?

„Eine Brown-Bag-Session ist das gute alte gemeinsame Mittagessen in der Kaffeeküche – jeder hat sein Lunchpaket dabei und man tauscht sich aus“, erklärt Claudia Heser. Sie ist Mitglied des Präsidiums des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) sowie Abteilungsleiterin Personal und Organisationsentwicklung beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

Silent Rooms sind Rückzugsräume oder -kabinen, in denen Beschäftigte in Ruhe telefonieren, einen Videocall führen oder hochkonzentriert arbeiten können. „Das ist vor allem bei offenen Bürokonzepten wichtig“, so Heser.

Angebote sollten zur Belegschaft passen

In manchen Firmen gibt es auch Eltern-Kind-Zimmer, also Räume für Eltern, die ihren Nachwuchs mitbringen – etwa wenn die Kita geschlossen ist. Einige Unternehmen haben eigene Fitnessräume mit Geräten. Andere organisieren After-Work-Treffen. Solche Maßnahmen und Räume seien richtig und wichtig, sagt Heser. „Aber natürlich müssen sie zur Belegschaft und zur Unternehmenskultur passen und sollten gute Arbeitsbedingungen ergänzen, nicht ersetzen.“

Pamela Grüninger, Karriere-Coach in Tübingen, beobachtet: „Für die meisten hat Vorrang, dass sie mit ihrer Arbeit etwas Sinnstiftendes tun und dass sie in ihrer Entwicklung von ihrer Führungskraft gefördert und unterstützt werden.“ Auch eine gelebte Wertekultur, vor allem ein gutes Betriebsklima, empfänden viele Beschäftigte als relevant.

Und es kommt eben auch auf die Angebote an. Während ein Start-up beispielsweise mit einem gut ausgestatteten Fitnessraum bei seinen jungen Mitarbeitenden punkten kann, ist es für ein Unternehmen mit einer älteren Belegschaft vielleicht doch eher die zusätzliche betriebliche Krankenversicherung oder die Hilfe bei Pflegefällen in der Familie.

Ein Beispiel: Einer YouGov-Umfrage im Auftrag des HR-Software-Anbieters Circula zufolge finden 42 Prozent der befragten Beschäftigten ab 55 Jahren Benefits rund um die Altersvorsorge besonders attraktiv. Bei den 25- bis 34-Jährigen sind es demnach vor allem flexible Arbeitsformen (43 Prozent) und geldliche Benefits, die flexibel einsetzbar sind – Einkaufsgutscheine etwa (42 Prozent).

Klassiker wie der Obstkorb oder kostenlose Getränke sind für 14 Prozent der insgesamt 1000 befragten Beschäftigten demnach besonders verlockend, Benefits zur Kinderbetreuung wie ein Kita-Zuschuss oder eine betriebliche Kinderbetreuung bei 6 Prozent. Keine Überraschung: Bei den 25- bis 34-Jährigen finden mehr Befragte die Benefits für den Nachwuchs besonders attraktiv, nämlich etwa jeder und jede Zehnte.

Sportangebote und Co sind nicht verpflichtend

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage, die zwischen dem 31. Juli und dem 8. August 2023 durchgeführt wurde: Nicht alle Beschäftigten machen Gebrauch von den Benefits, die ihre Arbeitgeber im Angebot haben. Nur knapp jeder Zweite (48 Prozent) gab an, dies regelmäßig zu tun. Rund jeder und jede Neunte (11 Prozent) nutzt die Benefits seines Arbeitgebers hingegen aktuell gar nicht, etwa weil der Zugang zu umständlich ist – oder das Angebotene nicht zur aktuellen Lebenssituation passt.

Und niemand kann schließlich gezwungen werden, in der Mittagspause Hanteln zu stemmen oder den herabschauenden Hund im Yoga-Kurs zu üben. „In jedem Fall gehören die meisten Benefits wie After-Work-Treffen oder Sportkurse nicht zu den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Beschäftigte müssen sie also nicht in Anspruch nehmen“, erklärt Heser.

Liegt es an unpassenden Angeboten, dass man sie als Arbeitnehmer nicht nutzt, kann man aber auch selbst aktiv werden. Vorschläge sind bei Personalabteilungen oft willkommen. „Denn am Ende sollen Angebote ja auch passgenau sein und angenommen werden“, sagt Heser.

Wissen sollte man jedoch: Umgesetzt werden letztendlich meist solche Vorschläge, die nicht nur für einzelne, sondern für eine möglichst große Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern attraktiv sind.

Sabine Meuter/ dpa

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