Mit einer Krankschreibung ist man gezwungen, in der kompletten Zeit zuhause bleiben? Und verreisen ist dann in jedem Fall ein No-Go? Das muss nicht immer der Fall sein.
Nicht bei jeder Erkrankung muss man auch das Bett hüten. Und manchmal würden Bewegung oder ein Ausflug vielleicht ganz gut tun. Doch spazieren gehen, Sport treiben, gar in den Urlaub fahren: Darf man das eigentlich trotz Krankschreibung? Und was, wenn Vorgesetzte einen dabei sehen?
Wer nicht zur Arbeit geht oder sich im Homeoffice nicht an den Laptop setzt, weil er vom Arzt eine Krankschreibung bekommen hat, dürfte sich diese Fragen womöglich stellen, bevor er sich auf den Weg macht. Und was gilt eigentlich, wenn ich mich schneller als gedacht wieder fit fühle – und zurück in den Job will? Hier sind die wichtigsten Antworten.
Darf ich bei einer Krankschreibung beispielsweise einen Einkaufsbummel machen, das Fitnessstudio besuchen oder ins Theater gehen?
„Die Arbeitsunfähigkeit bedeutet nur, dass man seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann – und nicht, dass man nicht mehr am Leben teilnehmen darf“, erklärt Tjark Menssen, Leiter der Rechtsabteilung beim DGB Rechtsschutz.
Während einer Krankschreibung sind Beschäftigte nur verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Genesung behindert. Wenn man also einkaufen oder ins Theater geht, bedeutet das noch lange nicht, dass man wieder arbeiten kann. „Es ist daher auch egal, wenn man dabei gesehen wird“, so Menssen.
Darf ich trotz Krankschreibung zu meiner weiter entfernt lebenden Familie reisen?
Hier gilt es, genau abzuwägen. „Womöglich ist eine erkrankte Person bei der Familie, zu der sie reist, besser betreut als Zuhause“, sagt der Münchner Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Künzel. Es hängt aber auch von der Art der Erkrankung ab. „Wenn ich wegen einer schweren Allergie auf Stoffe arbeitsunfähig bin, mit denen ich am Arbeitsplatz in Berührung komme, ist kein Grund ersichtlich, warum ich meine Familie nicht besuchen sollte“, so Menssen.
Und kann ich in den Urlaub fahren?
Auch hier kommt es auf die Art der Erkrankung an. Rechtlich gesehen schließen sich Urlaub und Arbeitsunfähigkeit zwar aus, weil während der Arbeitsunfähigkeit der Urlaubsanspruch nicht verbraucht wird. Das bedeutet aber nicht, dass man in jedem Fall eine gebuchte Reise absagen muss. „Therapeutisch gesehen kann sogar ein Aufenthalt etwa an der Küste möglicherweise sehr sinnvoll sein, wenn man beispielsweise an einer Haut- oder Atemwegserkrankung leidet“, erläutert Künzel.
Menssen empfiehlt allerdings, sich vor einer solchen Reise eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen zu lassen. Und den Arbeitgeber zu informieren, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Besteht die Arbeitsunfähigkeit länger als sechs Wochen und bezieht man Krankengeld, sollte man die Zustimmung der Krankenkasse einholen. „Ansonsten kann der Krankengeldbezug zum Ruhen kommen“, warnt Menssen.
Darf der Arbeitgeber mich während einer Krankschreibung anrufen?
„Krank ist krank – erreichbar sein muss man dann im Prinzip nicht“, sagt Künzel. Allerdings ist es dem Arbeitgeber auch nicht verboten, erkrankte Beschäftigte zu kontaktieren. Letztendlich kann man selbst entscheiden, ob man etwa ans Handy geht oder auf die E-Mail der Chefin reagiert.
Unter dem Strich gilt es aber auch, die Interessen abzuwägen. Meldet sich ein Arbeitgeber etwa, um Schaden abzuwenden und will beispielsweise ein wichtiges Passwort erfahren, sollte der Beschäftigte es auch nennen, wenn er dazu gesundheitlich in der Lage ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Arbeitsabläufe in einem Betrieb behindert werden und dem Unternehmen womöglich ein Schaden droht.
Was, wenn ich schneller als gedacht wieder gesund bin?
„Eine Krankschreibung ist kein Arbeitsverbot“, sagt Markus Künzel. Vielmehr handelt es sich um die Feststellung eines Arztes oder einer Ärztin, dass ein Beschäftigter krank und vorübergehend arbeitsunfähig ist. „Arbeitnehmer dürfen aber letztendlich selbst entscheiden, ob sie sich wieder gesund fühlen und deshalb ihrer Arbeit nachgehen können oder nicht.“
Der Arbeitsrechtler nennt ein Beispiel: Eine Frau ist für fünf Tage krankgeschrieben. Nach drei Tagen fühlt sie sich fit genug, wieder ihre Arbeit aufzunehmen. Will sie das tun, muss sie ihre Rückkehr im Vorfeld mit ihrem Arbeitgeber abklären.
Schließlich hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten. „Deshalb ist er für die Dauer der Krankschreibung nicht verpflichtet, die Arbeitsleistung anzunehmen“, erklärt Tjark Menssen. Haben Beschäftigte etwa eine schwere Erkältung, ist es schließlich nicht unbedingt im Interesse des Arbeitgebers oder der Belegschaft, wenn sie vorzeitig wieder am Arbeitsplatz erscheinen.
Übrigens: Arbeitgeber können Beschäftigte, die trotz Krankschreibung und nach vorheriger Absprache zur Arbeit kommen, auch wieder nach Hause schicken, wenn sich herausstellt, dass sie den Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht gewachsen sind.
Ist man unfallversichert, wenn man trotz Krankschreibung arbeitet?
Grundsätzlich ja. Allerdings sind Ausnahmen denkbar. Etwa wenn ein Beschäftigter, der eigentlich krankgeschrieben ist, einen Schwächeanfall erleidet, der im Zusammenhang mit der Diagnose steht, wegen der er krankgeschrieben ist. „In solchen Fällen, die aber eher selten sind, kann der Unfallschutz in Frage stehen, wenn der Schwächeanfall nicht jedenfalls auch durch betriebliche Umstände beeinflusst oder herbeigeführt wurde“, so Künzel.
Sabine Meuter/ dpa
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